Montag, 18. März 2013

Ein Edel-Giallo: LA MIGLIORE OFFERTA von Giuseppe Tornatore


"The Best Offer – Das höchste Gebot"
("La migliore offerta"; Italien 2013; Regie: Giuseppe Tornatore)

Virgil Oldman (Geoffrey Rush) besitzt alles und hat doch nichts: Der 63-jährige Auktionator diniert in den feinsten Restaurants, feiert berufliche Erfolge und erweitert mit Hilfe seines Komplizen Billy (Donald Sutherland) Stück für Stück seine eindrucksvolle Kunstsammlung. Doch Oldman ist ein einsamer Sonderling, der sich von seiner Umwelt abkapselt und seine halblegal erworbenen Kunstschätze nur im Geheimen genießen kann. Erst als die mysteriöse Claire (Sylvia Hoeks) ihn bittet, ihren Familienbesitz zu schätzen und zur Versteigerung zu bringen, beginnt Oldman, sich dem Leben zu öffnen. Er meint, in der jungen Frau eine Seelenverwandte gefunden zu haben – und verstrickt sich in eine Affäre, bei der nichts ist, was es scheint.

Mit "The Best Offer" hat der italienische Regisseur Giuseppe Tornatore – hierzulande vor allem bekannt für seine etwas sentimentale Ode an das Kino "Nuovo Cinema Paradiso" ("Cinema Paradiso"; 1988) – einen im besten Sinn altmodischen Mystery-Thriller inszeniert:
 einen Film, der seine andeutungsvolle Geschichte mit einer Vielzahl falscher Fährten und kleiner Abschweifungen garniert und im Zweifelsfall stets der überraschenden Wendung und der surrealen Volte den Vorzug über bürokratisches Wahrscheinlichkeitsdenken gibt. Zwar verweigert Tornatore sich dem Blutzoll des italienischen Exploitation- und Formelkinos, doch zählen auch hier ganz wie in den Gialli der 1970er Jahre vor allem Atmosphäre und Oberflächenreiz. So gleitet Fabio Zamarions Kamera zu Ennio Morricones gewohnt souveräner Filmmusik beinahe schwerelos durch exquisit ausgestattete Räume; die gedämpften Farben von Silber, Marmor und Tropenholz bestimmen die luxuriösen Breitwandbilder; in der Privat-Pinakothek des Protagonisten hängen dicht an dicht unzählige Frauenporträts von Raffael und Tizian, Renoir und Rubens, Goya und Degas.


Passend für einen Film über einen misanthropischen Kunstsammler – einen Mann, dem die Dinge schon grundsätzlich mehr zählen als die Menschen, die sie erschaffen haben – verliert sich der von seinen Obsessionen getriebene Antiheld zunehmend in den mit unzähligen kunsthistorischen Zeichen aufgeladenen (mitunter auch überladenen) Räumen, verwechselt Signifikant und Signifikat und wird schließlich zum Opfer einer raffinierten Fälschung. Der Australier Geoffrey Rush spielt den bald als törichten Alten erscheinenden Kunstfachmann: mal distinguiert-distanziert, dann wieder exaltiert-manieristisch, immer aber lustvoll überzeichnet und mit sichtlichem Spaß bei der Sache. Unterstützt wird er dabei effektiv von Jim Sturgess, Donald Sutherland und Sylvia Hoeks, letztere als obskures Objekt der Begierde des selbst höchst obskuren Protagonisten.


"The Best Offer" entwickelt sich schleichend von der Farce zum Alptraum mit surrealen Zügen, schlägt auf dem Weg dahin ein paar Haken und federt die Abgründe der Geschichte stets ab durch eine recht ironische Grundhaltung gegenüber den Figuren und den Regeln des Genres. Ohne allzu viel über die Handlung zu verraten, sei an dieser Stelle nur gesagt, dass Tornatores Film an David Finchers "The Game" (1997) und Roman Polanskis "The Ninth Gate" ("Die neun Pforten"; 1999) und "The Ghost Writer" ("Der Ghostwriter"; 2010) erinnert – was Plot, Stilwillen und die latent sadistische Haltung gegenüber der etwas bornierten Hauptfigur betrifft. Zugleich steht der Film deutlich in der Tradition von Tornatores frühen Kriminalfilmen "Una pura formalità" ("Eine reine Formalität"; 1994) – in dem Polanski übrigens eine der beiden Hauptrollen spielte – und "La sconosciuta" ("Die Unbekannte"; 2006), fällt aber gegenüber diesen Vorläufern etwas ab. Zu vorhersehbar bleibt ein bedeutender Plot-twist, die Bilder wirken letztlich doch ein wenig zu geschmäcklerisch. Aber selbst wenn dies kein ganz großer Wurf sein mag, ist "The Best Offer" doch fraglos unterhaltsames, gut inszeniertes Krimikino, das man bedenkenlos für einen nostalgisch eingefärbten Kinobesuch empfehlen kann.


LA MIGLIORE OFFERTA (THE BEST OFFER – DAS HÖCHSTE GEBOT; Italien 2013)
Regie + Drehbuch: Giuseppe Tornatore; Produktion: Isabella Cocuzza, Guido De Laurentiis, Arturo Paglia, Enzo Sisti; Kamera: Fabio Zamarion; Schnitt: Massimo Quaglia; Musik: Ennio Morricone; Verleih: Warner; Kinostart (D): 21.03.2013; Länge: 124 Min.; Besetzung: Geoffrey Rush, Sylvia Hoeks, Donald Sutherland, Jim Sturgess, Dermot Crowley, Liya Kebede u.a.


Und hier noch der Trailer via Youtube:

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